DSL DE Logbuch: Was braucht es zum Teilen von Gesundheitsdaten?


Was wünschen sich u.a. Patient:innen, damit sie ihre Daten teilen wollen? Dieser Frage ist ein groß angelegtes, durch das BMG finanziertes Projekt nachgegangen.

Welche Voraussetzungen werden gebraucht für das Teilen von Gesundheitsdaten? (Quelle: https://projekttraeger.dlr.de/media/events/dfh23/index.html)

 

Das Team von Data Saves Lives Deutschland zusammen mit der Friesischen Freiheit hat Ergebnisse der eigenen Analyse zum Thema Gesundheitsdaten veröffentlicht. Unter dem Titel „DSL DE Logbuch“ wird zusammengefasst, was Patient:innen, Expertinnen und Bürger:innen sich wünschen, um ihre Gesundheitsdaten zu teilen.

Das sind folgende Punkte:

  • Transparenz im Umgang mit den Daten: Ein häufig genannter Aspekt war Transparenz, wer auf Gesundheitsdaten zugreifen kann und was konkret an Resultaten aus der Nutzung der Daten erreicht wird. Je konkreter diese Nutzungslinie für eine Person, die mit einer Erkrankung lebt ist, desto stärker ist die Motivation, Gesundheitsdaten auch weiterhin zu teilen.

 

  • Autonomie: Die Gesundheitskompetenz der chronisch erkrankten Personen zieht den Wunsch nach Autonomie im Umgang mit den eigenen Daten nach sich. Autonomie wird als Möglichkeit verstanden, selbst zu entscheiden, welche Daten mit wem geteilt werden. Diese Autonomie wird explizit auch in Bezug auf Diagnosen (z. B. HIV Infektion, Depression), die stigmatisierenden Charakter haben können, gesehen.

 

  • Einheitlichkeit in Standards: Um eine reale Situation zu schaffen, in der die Nutzung von Gesundheitsdaten den PatientInnen zugutekommt, werden verbindliche Standards für Daten und in der Verarbeitung von Daten vorausgesetzt.

 

  • Kommerzielle Nutzung von Gesundheitsdaten: Eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten für kommerzielle Zwecke stößt in den PatientInnengruppen grundsätzlich nicht auf Widerstand. Der Großteil der Gruppe ist sich der Bedeutung dieses Punktes sehr bewusst, da sie die Vorteile wie z. B. die Entwicklung neuer Therapien gut kennt. Bei der kommerziellen Nutzung jedoch wird ein Gegenwert für die PatientInnenseite erwartet. Der Gegenwert kann z. B. daraus bestehen, dass die Ergebnisse aus der kommerziellen Nutzung in Form von Informationen zurückgegeben werden.

 

  • Datenschutz/Zugriffsrechte: Dem Wunsch nach Transparenz folgt im gleichen Atemzug die Angst vor Missbrauch der Daten. Beide Aspekte sind nicht voneinander zu trennen und werden am häufigsten genannt. Der uneingeschränkte Zugriff ohne Einwilligung und Kontrolle vonseiten PatientInnen wird abgelehnt.

 

  • Anonymisierte vs. Pseudo-anonymisierte Daten: Hinsichtlich anonymisierter Gesundheitsdaten zeigten sich alle offen für eine kommerzielle wie auch nicht-kommerzielle Nutzung. Bei der Nutzung von pseudo-anonymisierten Daten spiegelt sich dagegen eine Ambivalenz: zum einen wird befürchtet, dass mit der Verwendung von pseudo-anonymisierten Daten die eigene Anonymität verloren gehen kann. Auf der anderen Seite kommt vereinzelt die Idee auf, dass bei einem selbst gewählten Wegfall der Anonymität (unter definierten Bedingungen) z. B. eine Vernetzung bei PatientInnen mit gleichem Krankheitsstand möglich wäre. Dies wäre bei seltenen Erkrankungen eine Hilfestellung, sich mit Personen austauschen zu können, die ansonsten kaum identifizierbar wären.

 

Für das Projekt war das Team bei Veranstaltungen unterwegs, hörte zu, diskutierte mit Patient:innen, Bürger:innen und Expert:innen, um verschiedene Perspektiven kennenzulernen und zu analysieren. Zudem ist ein erstes Werkzeug entwickelt worden, das Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen den Start einer Diskussion über Gesundheitsdaten vereinfachen soll.

Und deswegen können Birgit Bauer, Gründerin der Initiative Data Saves Lives Deutschland, und Ihno Fokken, Gründer und Geschäftsführer Friesische Freiheit, auch ein Fazit ziehen: Mehr Aufklärung und Informationen sind notwendig.

„Es ist sehr deutlich, dass besonders PatientInnen, die offen sind für das Teilen von Gesundheitsdaten, mehr Aufklärung und Information erwarten. Diese Erwartung wird auch in der öffentlichen Diskussion sichtbar. Besonders wichtig sind Informationen bei Projekten mit wirtschaftlichem Hintergrund“, erklärt Fokken.

Er hat für uns die Ergebnisse exklusiv eingeordnet, seine Einschätzung lesen Sie hier.

Ein weiterer Punkt ist die Partizipation von Patient:innen und Bürger:innen, wenn es um die Entwicklung und Entscheidungen rund um Digitalisierung im Gesundheitswesen geht. „Digitalisierung und das Teilen von Gesundheitsdaten kann nur funktionieren, wenn wir Patient:innen und Bürger:innen zuhören und mit ihnen gemeinsam gestalten. Tun wir es nicht, werden wir wahrscheinlich scheitern, oder zumindest nie das erreichen, was für eine gesunde Zukunft nötig ist: Vertrauen“, betont Bauer, die selbst als Patient Expert in verschiedenen Netzwerken und Gremien auf europäischer Ebene mitwirkt und die Sicht auf die verschiedenen Perspektiven aktiv einfordert.

Die Empfehlungen zum Umgang mit Gesundheitsdaten im Logbuch:

  1. Eine umfassende und zielgerichtete Kommunikationsstrategie
  2. Aufbau und Verankerung von Bürger- und Patientenbeiräten in den Entscheidergremien
  3. Die Nutzer von Gesundheitsdaten sind verpflichtet über ihre Forschungsergebnisse zu informieren
  4. Die Freigabe von Daten sollte mit Incentives attraktiv gestaltet werden
  5. Wer Daten wirtschaftlich nutzt, sollte einen Gegenwert für alle bereitstellen.

 

Ein Jahr gibt es die Initiative Data Saves Lives Deutschland, gegründet von Birgit Bauer als gemeinnützige Initiative und finanziell bis Ende des Jahres gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Das Ziel: Über Gesundheitsdaten aufklären und informieren. Das Projekt sieht sich nicht als „Konkurrenz zu Patientenorganisationen, im Gegenteil, wir möchten sie, wie unser europäisches Hauptprojekt, das unter der Leitung des European Patients Forum in Brüssel arbeitet, mit neutralen Informationen und Aufklärung unterstützen“, betont Bauer.

Weitere Informationen über das DSL DE Logbuch gibt es auf www.datasaveslives.de, am 28.11.2023 veranstaltet das Team eine Online Session Anmeldung unter: dslde@friesischefreiheit.com

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