Geplante Pharmastrategie: Forschungsstandort wieder attraktiv machen


In einer Randnotiz hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von einem Medizinforschungsgesetz gesprochen. Laut einiger Medienberichten soll das in eine Pharmastrategie münden.

Die Pharmaverbände fordern das schon länger: Der Forschungsstandort Deutschland muss wieder gestärkt werden. (Foto von Ousa Chea auf Unsplash)

Forschungsstandort Deutschland soll wieder attraktiv werden

Lauterbach war diesen Sommer beim G20-Treffen in Indien. Indien sieht Deutschland als wichtigen Partner für die Pharmaforschung an. Lauterbach weiß nur zu gut um die Sorgenfalten bei den deutschen Pharmaunternehmen und die seit letztem Jahr hitzige Diskussion um Lieferengpässe bei Arzneimitteln – geschuldet auch durch die Forschung in anderen Ländern. 

Zu diesem Zeitpunkt kündigte er an: „Wir brauchen ein Gesetz, was die Produktionsbedingungen, aber auch die Forschung in Deutschland verbessert.“ Der Forschungsstandort Deutschland habe schleichend an Attraktivität verloren. Diese Entwicklung müsse gestoppt werden, meinte er dazu. „Und die Produktion wichtiger Arzneimittel müsse auch wieder in Europa erfolgen, um Lieferengpässe zu verhindern“, schob er nach.

Letzte Woche sind die „Digital-Gesetze“ (Digital-Gesetz - DigiG und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) im Bundeskabinett beschlossen worden.

Im Rahmen dazu hat Lauterbach gesagt: „... Und Wissenschaftler sollen sicher sein, dass sie in Deutschland die beste Voraussetzung für ihre Forschung bekommen. Im Anschluss an diese beiden Gesetze, die jetzt ins Kabinett gehen, werden wir noch dieses Jahr ein Medizinforschungsgesetz zur umfassenden Beschleunigung von Klinischen Studien vorlegen. Mit diesen Reformen starten wir einen Fasttrack, um Krebsforschungsstudien, Demenzstudien durchzuführen und andere wichtige Forschungsfragen in der Medizin zu beantworten. Mein Wunsch ist es, dass wir KI – am besten „Made in Germany“ – einsetzen, um in der Entwicklung von Arzneimitteln und Medizinprodukten wieder spitze zu werden.“

Eine Pharmastrategie soll es richten

Ist das also die Pharmastrategie? Dem Tagesspiegel und der Pharmazeutischen Zeitung (PZ) liegt ein Strategiepapier („Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Pharmabereich in Deutschland – Handlungskonzepte für den Forschungs- und Produktionsstandort“) vor, datiert auf den 18. Juli 2023. „Ein schneller Zugang zu innovativen Arzneimitteln, mehr Liefersicherheit, ein investitionsfreudiges Umfeld und weniger Abhängigkeit“, so lauten die Kernpunkte in dem Papier.

Und weiter steht dort: „Die deutsche Pharmaindustrie ist nicht nur Motor für Innovation, Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland, sondern befördert auch den medizinischen Fortschritt und ist damit zentral für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland.“ Die pharmazeutische Industrie wird als ein „Schlüsselsektor der deutschen Volkswirtschaft“ bezeichnet und eine langfristig starke pharmazeutische Industrie für diese von „großer Bedeutung“.

Konkrete Maßnahmen?

Um dieser „großen Bedeutung“ gerecht zu werden, soll die Liefersicherheit im Bereich der patentfreien Arzneimittel verbessert, neue Zuschüssen für z. B. Produktionsstätten bzw. die Versorgungssicherheit gewährt, die Zulassungsverfahren wie durch vereinfachte Antragsverfahren, dezentrale klinische Prüfungen sowie verkürzte Fristen bei mononationalen klinischen Prüfungen beschleunigt werden.

In dem Pharmastrategieentwurf ist auch die „Prüfung einer Weiterentwicklung des Konzepts einer federführenden Datenschutzaufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben im Gesundheitsbereich in § 287a SGB V“ vorgesehen. Zudem sollen Vorschläge zur Konzentration und Vereinfachung der Datenschutzaufsicht bei klinischen Prüfungen im Rahmen der Erarbeitung des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes geprüft werden.

Die klinischen Prüfungen werden wegen schnellerer Abwicklung immer öfter nach Asien und Nordamerika verlagert. Dem soll entgegengewirkt werden: „Ziel ist es daher, gute Rahmenbedingungen für klinische Prüfungen zu schaffen und so hochwertige klinische Prüfungen in Deutschland zu ermöglichen; dafür ist ein gut funktionierendes und benutzerfreundliches System für die Antragstellung und Genehmigung eine Grundvoraussetzung.“

Bürokratieabbau und Abwanderung verhindern

Die Bundesregierung ist sich sicher, dass auch die Pharmabranche vom geplanten Bürokratieabbau profitieren kann. Deswegen sollen bei den EU-Verhandlungen die regulatorische Vereinfachung der Zulassungsverfahren und auf europäischer und internationaler Ebene der Schutz geistigen Eigentums verbessert werden.

Vom geplanten EU-Pharmapaket erwartet der FDP-Berichterstatter für Arzneimittel, Lars Lindemann, einiges. Zu Tagesspiegel Background sagte er: „Wichtig aus Sicht der Freien Demokraten sind dabei der Abbau von Bürokratie, schnellere Prozesse und Umsetzungen von Zulassungen sowie die Ausschöpfung des vorhandenen Gemeinsamen.“

Der BPI betonte wiederum, dass es „dringend neue Preisstrukturen (brauche), mit denen in Europa produzierende Unternehmen Kosten kompensieren können, ohne dass sie parallel mit Nachteilen im internationalen Wettbewerb rechnen müssen“. Und schiebt noch nach: „Oberstes Ziel muss es sein, die weitere Abwanderung zu verhindern und den heimischen Pharmastandort zu fördern.“

Ähnliches kommt vom vfa: „Für das Gesundheitswesen sind die Stärkung des Standorts Deutschland bei klinischen Studien, die Möglichkeit zur Datennutzung und Steuererleichterung bei Forschungsausgaben wichtige Maßnahmen, um private Forschungsinvestitionen zu fördern.“

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