Wie Patientenbeteiligung in der Gesundheitsforschung aussehen kann


Um die Gesundheitsforschung besser auf die Bedürfnisse der Patient:innen auszurichten, ist es wichtig, sie aktiv am Forschungsprozess zu beteiligen. Eine neue Publikation bietet Anregungen und Tipps.

Der DLR Projektträger engagiert sich für eine Stärkung der Partizipation in der Gesundheitsforschung. (Fotocredit: Screenshot DLR Projektträger)

Die Einbindung von Patient:innen in Forschungsprojekte kann die Qualität der Forschung verbessern und die Relevanz der Ergebnisse erhöhen. Der DLR Projektträger hat nun eine Publikation herausgebracht, die Wissenschaftler:innen in der klinischen Forschung praktische Tipps und Anregungen bietet.

Die Publikation wurde von Antje Schütt und Dr. Eva Müller-Fries, wissenschaftliche Referentinnen im Bereich Gesundheit des DLR Projektträgers, gemeinsam mit Dr. Sarah Weschke, Projektteam-Leiterin „Patient & Stakeholder Engagement“ am QUEST Center for Responsible Research des Berlin Institute of Health, verfasst. Die Inhalte basieren auf einer gemeinsam entwickelten und erprobten Online-Fortbildung. Ein Beitrag von David Brinkmann von der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen gibt zudem einen Überblick über die Selbsthilfelandschaft in Deutschland.

Im deutschsprachigen Raum hat sich den Autorinnen zufolge noch kein einheitlicher Begriff für dort beschriebene Konzepte etabliert. Auch hierzulande werde häufig von PPI/Patient Involvement/Patient Engagement gesprochen. „Wir schlagen vor, diese Ansätze in der Gesundheitsforschung ‚aktive Beteiligung von Patientinnen und Patienten‘ zu nennen,“ schreiben sie in ihrer Veröffentlichung.

Tipps für Theorie und Praxis

Damit diese Beteiligungsprozesse erfolgreich sind, sollten sie professionell gestaltet werden. Das beinhaltet die Festlegung von Zielen, die Identifizierung von Forschungspartnern, die gemeinsame Kommunikation und die Zusammenarbeit. Bisher sind die methodischen, strategischen und praktischen Anforderungen der Patientenbeteiligung jedoch oft nicht Teil der Ausbildung und Karrierewege in der medizinischen Forschung.

Die Publikation des DLR Projektträgers bietet Forschenden praktische Hilfestellungen zur Entwicklung einer sinnvollen Beteiligungsstrategie in der klinischen Forschung. Sie behandelt zunächst die gesellschaftlichen Grundlagen der Beteiligung und diskutiert dann verschiedene Konzepte, Ansätze und Begriffe. Anschließend wird der praktische Ablauf von der Suche nach geeigneten Partnern über die Zusammenarbeit bis hin zur Evaluation und Berichterstattung beleuchtet. Denkanstöße, Praxistipps und Exkurse ergänzen die Kapitel.

Motive und Ziele für Forschende wie Betroffene

Viel dreht sich dabei um die Bewusstmachung von Prozessen und Hintergründen, auch was die Motive und Ziele angeht. Die Autorinnen fassen zusammen:

  • Die Motive der Forschenden ergeben sich aus der Denktradition des jeweiligen Forschungsfelds, praktischen Erwägungen und externen Impulsen.
  • Es ist wichtig, sich die eigenen Motive bewusst zu machen, da sich daraus auch die Ziele und die Umsetzung der Beteiligungsprozesse ergeben.
  • Auch Patientinnen und Patienten können sehr unterschiedliche Motive haben, um sich aktiv an der Gestaltung und Umsetzung von Forschung zu beteiligen. Diese können altruistischer Natur sein. Gerade in der klinischen Forschung ist aber die persönliche Betroffenheit oft eine starke Triebfeder, um Forschung voranzutreiben.
     

Denkanstoß zur Patientenbeteiligung

Als Anregung geben die Autorinnen mit: Denken Sie an Ihr neues klinisches Forschungsprojekt, in welches Sie Patientinnen und Patienten aktiv einbinden möchten. Überlegen Sie:

  • Wie finden Sie geeignete und passende Partner, die daran interessiert sind, an dem Projekt zu arbeiten?
  • Mit welchen Methoden und über welche Wege können Sie diese Partner ansprechen?
  • Wie können Sie die Zusammenarbeit mit Partnern für dieses Projekt starten?
     

Anfangen geht vor Perfektionismus

Die aktive Beteiligung von Patientinnen und Patienten an Forschungsvorhaben wird immer wichtiger, um eine erfolgreiche und bedarfsgerechte Gesundheitsforschung zu gewährleisten. Dem hat sich auch bereits das Forum Gesundheitsforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verschrieben (PM-Report berichtete).

Schütt erklärt, ihr Ziel war es, Forschenden eine praxisnahe Ressource in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen. Dabei gehe es ihnen vor allem darum, zu zeigen, welche Fragen man sich stellen sollte und wie wichtig eine wertschätzende und offene Haltung für eine produktive Zusammenarbeit ist. Müller-Fries ergänzt: „Unsere Publikation macht Forschende mit den Methoden und Prozessen der aktiven Beteiligung von Patientinnen und Patienten vertraut. Es gibt keine Standardlösungen. Wir möchten dazu ermutigen, erste Schritte zu gehen und dann kontinuierlich weiter zu lernen und zu optimieren: Anfangen geht vor perfekt sein!“

Die Original-Publikation finden Sie hier: Schütt, A., Müller-Fries, E., & Weschke, S. (2023). Aktive Beteiligung von Patientinnen und Patienten in der Gesundheitsforschung. Eine Heranführung. Bonn/Berlin: DLR Projektträger. DOI: 10.5281/zenodo.7908077

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