Heiß begehrt: Die braune Flasche des Paracetamol-Fiebersaftes für Kinder. (Foto von National Cancer Institute auf Unsplash)
So heißt es in „Buch Zwei“ (Wochenend-Ausgabe, 9./10. März der Süddeutschen Zeitung) ziemlich am Ende des ausführlich recherchierten Beitrags:
„Und so wird zum Ende der Reise klar, dass eine wichtige Antwort auf die Frage nach den Problemen beim Fiebersaft gar nicht draußen in der großen weiten Welt zu finden ist, sondern zu Hause in Deutschland.“
Wirkstoffe: China größter Exporteur
Denn es geht vor allem darum, dass „China innerhalb von wenigen Jahrzehnten zum größten Exporteur von Substanzen für die Pharmabranche geworden ist … Was folgte, liest sich wie aus einem volkswirtschaftlichen Lehrbuch: Das Überangebot ließ weltweit die Preise fallen, die Gewinne der Unternehmen außerhalb Chinas sanken. Unfähig, mit der billigen Konkurrenz mitzuhalten, mussten internationale Firmen sich jetzt entscheiden. Entweder gingen sie mit ihrer Produktion selbst nach China, oder sie schrieben zu Hause rote Zahlen, bis zum Konkurs.“
Die Autor:innen reisen über China bis über Indien nach Portugal und landen für den im Beitrag verfolgten Kinder-Fiebersaft (Wirkstoff Paracetamol) wieder in Deutschland bei Ratiopharm/Teva, dem 1,81 Euro pro Flasche bleiben, 38 Cent mehr als zuvor wegen der aufgehobenen Festbeträge für Kinderarzneimittel.
„Noch immer nicht genug, findet die Firma. Man produziere den Fiebersaft trotzdem weiter, weil es zur Firmenphilosophie der Tochter Ratiopharm gehöre, alle Generika im Sortiment zu haben, sagt im Videocall der Chef von Teva Deutschland, Andreas Burkhardt, … „und weil wir den Patienten helfen wollen.“ Es werde aber immer schwerer, „die soziale Verantwortung auch wahrzunehmen“, denn die Preisentwicklungen bei Generika werde immer absurder.““
Und weiter heißt es: „Deshalb kommen die Wirkstoffe der Generika heute zu 80% aus Asien, was die Arzneimittelexpertin Ulrike Holzgrabe einmal zu dem viel zitierten Satz animierte:
„Die Chinesen brauchen keine Atombomben, sie können uns auch durch einen Lieferstopp bei Antiobiotiaka erledigen.““
Sieben Probleme werden identifiziert:
1. Die weiten und verschachtelten Handelswege, auf denen eine Misere wie beim Domino die nächste anstößt.
2. Wenn niemand außer den Herstellern weiß, auf welchen Wegen sie an ihre Inhaltsstoffe kommen, sind Frühwarnsysteme schwierig zu entwickeln.
3. Die Abhängigkeit von politischen Entwicklungen im Ausland.
4. Immer wieder kommt es zu Lieferengpässen, weil Medikamente oder ihre Wirkstoffe in der Produktion versehentlich verunreinigt und ganze Chargen unbrauchbar werden.
5. Es reichen ein einziges Hochwasser in der Region oder ein flächendeckender Stromausfall – beides in den letzten drei Jahren so geschehen –, um die Kette zu zerreißen.
6. Bei vielen anderen Medikamenten setzen Pharmafirmen nur auf einen Lieferanten pro Substanz.
7. Die Motivation, eine fehlende Substanz auf anderen Wegen zu beschaffen oder herzustellen, ist bei billigen Medikamenten so klein wie die Preise – es ist oft günstiger, die Produktion zu pausieren oder einzustellen.
Lieferketten: Fehlende Verknüpfung von Daten
Was die Lieferkette angeht, wird bei einem Münchner Start-up nachgefragt: Qyobo. Der Gründer Markus Felgenhauer hebt hervor: „Die Herausforderung in der Branche ist nicht, dass es nicht genügend Daten gäbe, sondern dass die Daten nicht verknüpft und deshalb schwer nutzbar sind.“
Und Teva macht deswegen „… ein Geheimnis um die große, ganze Lieferkette, (weil) … die Preise so eng kalkuliert sind“, sagt Burkhardt. „Wenn ich einen Lieferanten habe, der günstig ist, möchte ich das nicht mit den Konkurrenten teilen. Sonst gehen alle zu dem.““
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat im letzten Sommer zwar ein Lieferengpassbekämpfungsgesetz und einen 5-Punkte-Plan bei Kinderarzneimitteln beschlossen.
Das große Aber im SZ-Artikel:
„Lieferketten müssten transparenter, kompakter und zugleich diverser werden … die Herstellung müsse sich wieder lohnen.“
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