Forschungslandschaft in den USA: Alles wird auf den Kopf gestellt


Die Wissenschaft in Amerika erlebt krasse Einschnitte. Das macht was mit Gesamt-Pharma. Aktuell: Trump startet eine US-Offensive für mehr Medikamentenproduktion.

Die Wissenschaft wird umnebelt durch strikte und krasse Verbote und Einschränkungen der Trump-Regierung. (Foto von Luke Stackpoole auf Unsplash)

Trump kündigt tiefgreifende Maßnahmen zur Senkung von Arzneimittelpreisen an

Aktualisierung 12. Mai 2025: Am heutigen Montag (12. Mai) wird US-Präsident Donald Trump eine Executive Order unterzeichnen, die die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA um 30% bis 80% senken soll. Kernstück der Maßnahme ist die Einführung einer „Most Favored Nation“-Regelung (MFN), die vorsieht, dass die USA künftig nur noch den niedrigsten Preis zahlen, der weltweit für ein bestimmtes Medikament verlangt wird. Trump betont, dass diese Maßnahme „Fairness für Amerika“ schaffen und die hohen Medikamentenpreise in den USA im Vergleich zu anderen Ländern angleichen soll.

Trump beschleunigt US-Arzneimittelproduktion – FDA soll regulatorische Hürden abbauen

Aktualisierung 7. Mai 2025: Mit einer neuen Executive Order will Präsident Trump die Medikamentenproduktion in den USA massiv beschleunigen – durch weniger Bürokratie, mehr Investitionen und strengere Auflagen für ausländische Hersteller.

US-Präsident Donald Trump hat eine neue Executive Order unterzeichnet, die den Aufbau von Produktionskapazitäten für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA massiv beschleunigen soll. Ziel ist es, die derzeit üblichen fünf bis zehn Jahre für den Bau neuer Produktionsstätten deutlich zu verkürzen – ein Zeitraum, den das Weiße Haus aus Gründen der nationalen Sicherheit als „inakzeptabel“ bezeichnet.

Kern des Plans ist eine Entbürokratisierung: Die US-Arzneimittelbehörde FDA wurde beauftragt, überflüssige oder doppelte Anforderungen in ihren Regularien zu streichen und Genehmigungsprozesse zu verschlanken. Künftig soll sie US-Hersteller zudem bereits in frühen Phasen neuer Projekte unterstützen.

Seit dem Amtsantritt Trumps im Januar 2025 haben mehrere Pharmakonzerne umfangreiche Investitionen in die US-Produktion angekündigt: Novartis will 23 Milliarden Dollar investieren, Eli Lilly, Roche und Johnson & Johnson sogar bis zu 55 Milliarden. AbbVie plant über die nächsten zehn Jahre Investitionen von mehr als 10 Milliarden Dollar.

Gleichzeitig sieht Trumps Anordnung schärfere Regeln für ausländische Hersteller vor. Neben höheren Gebühren für deren Zulassungsverfahren sind vermehrt unangekündigte Inspektionen geplant – ein Bruch mit der bisherigen Praxis von Vorab-Terminen im Ausland.

Die Ankündigung fällt mit dem Rücktritt von Michael Rogers zusammen, dem langjährigen Inspektionschef der FDA. Nach 34 Jahren bei der Behörde kündigte Rogers seinen Abschied an – laut internen Quellen auch im Zusammenhang mit Einsparmaßnahmen von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr.

„Die Professoren sind der Feind“

US-Forscher:innen sind sich sicher: Es geht um Denk- und Forschungsverbote, um die Kontrolle über die Wissenschaft in den USA zu erlangen. Man denke nur an die Aussage von US-Vizepräsident J.D. Vance, der findet, dass „die Professoren der Feind sind.“

Dazu gibt es ein Wissensschafts-Special im Deutschlandfunk: Trump gegen die Wissenschaft (26:33). Das können Sie sich hier anhören.

Alleine schon sind ca. 200 Begriffe gestrichen worden, die u.a. bei Anträgen auf Forschungsgelder nicht enthalten sein dürfen: wie „Frauen“. Eine Gynäkologin, die im Bereich der Brustkrebsforschung tätig ist, ist verzweifelt, weil sie so gar keine Berichte oder über Studienergebnisse schreiben kann, wenn sie das Nomen Frauen nicht verwenden darf.

Forschende wollen sich das nicht bieten lassen. Sie fordern nicht nur zusätzliche Mittel für die wissenschaftliche Forschung, sondern auch Initiativen für Diversität und Inklusion müssen wieder in Kraft gesetzt werden. Außerdem: Die Politik soll sich nicht länger in die Wissenschaft einmischen. Dafür sind sie am Wochenende unter dem Motto Stand up for Science auf die Straße gegangen.

Was bedeutet das für die globale Forschung?

Denn eines ist klar: Der systematische Abbau von Fördermitteln, die Kündigung von Fachkräften und die Einschränkung wissenschaftlicher Begrifflichkeiten gefährden nicht nur die Innovationskraft der USA, sondern beeinflussen auch internationale Kooperationen und den weltweiten Fortschritt in Forschung und Entwicklung.

Und: Die Streichung von Forschungsgeldern in den USA betrifft neben den Universitäten und Forschungsinstituten auch Pharmaunternehmen. Weniger Mittel bedeuten nicht nur weniger Innovation, sondern auch einen Exodus hoch qualifizierter Wissenschaftler:innen, die sich gezwungen sehen, ins Ausland abzuwandern. Dies könnte den wissenschaftlichen Einfluss der USA langfristig schwächen und andere Länder wie China oder Deutschland dazu ermutigen, ihre eigenen Forschungsprogramme gezielt auszubauen.

Einschub: Abbau der Stellen in den Gesundheitsbehörden beginnt

Seit Dienstag (1. April 2025) ist es nun wirklich so weit: Die Trump-Administration setzt die Pläne zur Streichung von 10.000 Vollzeitstellen in den Gesundheitsbehörden um. Und zwar im gesamten amerikanischem Gesundheitsministerium (HHS | Department of Health and Human Services), einschließlich der FDA. Dort betrifft das vor allem das Office of New Drugs, das Office of Policy & International Engagement und das hier gesamte Office of Media Affairs. Die FDA wird wahrscheinlich 3.500 Mitarbeiter:innen verlieren.

Insgesamt ist eine Verkleinerung der Gesundheitsbehörden von 82.000 auf 62.000 Mitarbeitenden geplant. Neben den 10.000 Entlassungen sollen weitere 10.000 durch Vorruhestand und freiwillige Abfindungen abgebaut werden.  

Die Entlassungen kommen unmittelbar nach der unerwarteten Entlassung von Peter Marks, dem Direktor des FDA-Zentrums für Biologika-Evaluierung und -Forschung (CBER), am Freitag (28.3.25). Dessen Abgang durch HHS-Minister Robert F. Kennedy Jr. löste am Montag einen massiven Ausverkauf am Biotech-Markt aus.

So sind Impfstoffentwickler bisher besonders hart betroffen: BioNTech und Moderna verloren jeweils rund eine Milliarde US-Dollar an Wert. Unternehmen, die auf beschleunigte Zulassungsverfahren angewiesen sind, darunter PTC Therapeutics, Sarepta Therapeutics und Vertex Pharmaceuticals, haben ebenfalls Kursverluste verzeichnet, da die Zukunft solcher Programme ohne Marks' Engagement höchstwahrscheinlich auf der Kippe stehen.

Konsequenzen für die internationale Zusammenarbeit

Die Wissenschaft lebt vom offenen Austausch über Ländergrenzen hinweg. Wenn jedoch US-amerikanische Forscher:innen ihre Projekte nicht mehr in der gewohnten Weise durchführen oder über bestimmte Themen wie geschlechterspezifische Gesundheitsforschung nicht mehr ungehindert forschen dürfen, könnte dies internationale Kollaborationen erschweren. Andere Forschungseinrichtungen könnten sich gezwungen sehen, alternative Partner außerhalb der USA zu suchen. Dies würde bestehende Netzwerke destabilisieren und möglicherweise zu einer Umverteilung der Forschungszentren führen.

Konsequenzen für die Pharmaindustrie

Für Pharmaunternehmen bedeutet der wissenschaftliche Rückgang in den USA einen erheblichen Wettbewerbsnachteil. Viele große Konzerne sind auf Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen angewiesen, um neue Medikamente zu entwickeln. Werden diese Grundlagen eingeschränkt, könnte dies den gesamten Innovationsprozess verlangsamen. Zudem könnte die restriktive Sprachpolitik in Studienanträgen dazu führen, dass essenzielle Themen wie geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medizin unter den Tisch fallen – mit potenziell gravierenden Folgen für die Entwicklung personalisierter Therapien.

Einschub: David A. Ricks, Lilly-CEO, warnt vor Einführung von Arzneimittelzöllen 

Eli Lilly-CEO David Ricks warnte, dass Arzneimittel zwar von der jüngsten Zollrunde von US-Präsident Donald Trump ausgenommen seien, die Aussetzung jedoch nur vorübergehend sei. Sollten die Zölle tatsächlich eintreten, würden sie sich höchstwahrscheinlich in einer Verringerung der Forschung an neuen Medikamenten niederschlagen. Ricks sagte ganz klar gegenüber der BBC: „Wir unterstützen Zölle nicht, um es klar zu sagen. Ich denke, es handelt sich um einen Wendepunkt in der US-Politik, und es wird schwer sein, davon wieder wegzukommen.“ 

Ricks befürchtet, dass die Zölle auf Lilly auf andere Bereiche abgewälzt würden, da die Arzneimittelpreise in Europa und den USA im Wesentlichen gedeckelt seien:

„Wir können diese Vereinbarungen nicht brechen, also müssen wir die Kosten der Zölle tragen und innerhalb unserer eigenen Unternehmen Kompromisse eingehen. Typischerweise wird das zu Personalabbau oder einem Abbau von Forschung und Entwicklung (F&E) führen, und ich gehe davon aus, dass F&E an erster Stelle stehen wird. Das ist ein enttäuschendes Ergebnis.“

Im Februar kündigte Lilly an, weitere 27 Mrd. US-Dollar in den Ausbau der eigegen Arzneimittelproduktion in den USA zu investieren. Der Bau von vier neuen Fabriken soll rund 3000 neue Arbeitsplätze schaffen. Ricks erklärte zu dem Zeitpunkt, der Optimismus hinsichtlich der Produktpipeline versetze Lilly in die Lage, die heimische Produktion wiederzubeleben und so die Exporte von in den USA hergestellten Medikamenten zu steigern. 

Ricks sagte gegenüber der BBC: „Die Produktion ist stark außerhalb der USA angesiedelt. Ich denke, die Regierung will damit beides: Wir wollen die Produktionsmittel und die Generierung von geistigem Eigentum für Forschung und Entwicklung.“ Lilly baut derzeit eine neue Produktionsstätte in Irland. Ricks möchte diese 800-Millionen-Dollar-Investition wie geplant durchgeführen. „Es gibt eine große Nachfrage außerhalb der USA, daher müssen wir den Warenfluss im Auge behalten, da wir keine unnötigen Zölle zahlen wollen. Aber ich denke, im Moment ist das in Ordnung.“

(Quelle: FirstWord PHARMA)

Einschub: US-Zölle auf Arzneimittel: Trump-Regierung erhöht Druck auf internationale Pharmaproduktion

Die US-Regierung bereitet Zölle auf Arzneimittelimporte vor. US-Handelsminister Howard Lutnick kündigte am Sonntag (13.4.25) an, dass entsprechende Maßnahmen „in den nächsten ein bis zwei Monaten“ in Kraft treten sollen. Ziel sei es, die inländische Produktion pharmazeutischer Produkte zu stärken.

„Wir können uns bei lebenswichtigen Gütern wie Medikamenten nicht auf China verlassen“, sagte Lutnick gegenüber ABC News. Gemeinsam mit Halbleitern zählten Pharmazeutika künftig zu den „Kerngütern der nationalen Sicherheit“, die durch ein neues Zollmodell geschützt werden sollen. Auch Präsident Donald Trump bekräftigte zuletzt mehrfach, dass Zölle ein zentrales Instrument seien, um US-Unternehmen zur Rückverlagerung ihrer Produktion zu bewegen. „Je höher der Zoll, desto schneller kommen sie zurück“, sagte er.

Der Vorstoß erfolgt, obwohl Trump vergangene Woche eine 90-tägige Aussetzung der meisten geplanten Globalzölle angekündigt hatte. Bereits im Februar hatte er Zölle von 25% oder mehr auf Arzneimittelimporte ins Spiel gebracht. Laut Finanzminister Scott Bessent könnten diese dennoch zeitnah in Kraft treten.

Die Ankündigung sorgt in der Branche für Unruhe. Zwar haben große Konzerne wie Johnson & Johnson, Eli Lilly und Novartis bereits milliardenschwere Investitionen in den USA angekündigt. Doch Branchenexperten bezweifeln, dass sich komplexe pharmazeutische Produktionsketten kurzfristig und wirtschaftlich sinnvoll verlagern lassen.

Laut einer Umfrage des Biotech-Verbands BIO sind rund 90% der US-Biotech-Firmen bei mindestens der Hälfte ihrer FDA-zugelassenen Produkte auf importierte Komponenten angewiesen. Mit dem Start der Berichtssaison – Johnson & Johnson legt am Dienstag Zahlen vor – richten sich nun die Blicke auf die Reaktionen der Unternehmen.

(Quelle: FirstWord Pharma)

Zusammenarbeit: Schlüssel zur Sicherung des medizinischen Fortschritts

Trotz dieser Herausforderungen müssen Wissenschaft und Pharmaunternehmen weiterhin eng zusammenarbeiten, um die Entwicklung lebensnotwendiger Medikamente sicherzustellen. Dies kann durch verstärkte internationale Kooperationen, alternative Finanzierungsmodelle und verstärkten Austausch zwischen privaten und öffentlichen Institutionen geschehen. 

Branchenübergreifende Allianzen sowie verstärkte Investitionen in biotechnologische Start-ups sind umso entscheidender, um Forschungs- und Entwicklungsprozesse flexibel zu gestalten und Engpässe zu vermeiden. 

Pharma: Erste Anpassungen von Diversity-Regeln

Novartis und Roche haben mittlerweile ihre Diversity-Regeln in den USA geändert. So argumentiert Roche gegenüber Reuters: „Angesichts dieser Veränderungen in Bezug auf die Rahmenbedingungen im Bereich Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion in den USA (...) werden wir die Verwendung diverser Kandidatenlisten und Auswahlgremien im Einstellungsprozess für alle Positionen in den USA einstellen.“

Roche bezieht sich dabei noch konkreter als Novartis auf die Politik der US-Regierung: „Seit der Veröffentlichung dieser Exekutivanordnungen haben wir unsere Richtlinien und Praktiken eingehend überprüft, um sicherzustellen, dass wir die neuen US-Anforderungen weiterhin erfüllen.“

Die Änderungen betreffen anscheinend, neben der die US-Tochter Genentech, auch alle anderen Unternehmen, die global vertreten sind. Roche begründet das in einem internen Schreiben damit, dass „unsere globalen Programme und Ziele Auswirkungen auf unsere US-Organisationen haben können, wenn wir die neuen Gesetze nicht einhalten.“ Das personalbezogene Zehnjahresziel würde in „Förderung eines integrativen Umfelds, das Menschen zu Höchstleistungen anspornt“ geändert. Bislang wurde es so ausgedrückt, in seiner Belegschaft „die Vielfalt der Weltbevölkerung“ zu spiegeln und eine „Arbeitsumgebung (zu) schaffen, in der sich alle entfalten können.“

Im Februar kündigte GSK an, sich keine Diversitätsziele setzen zu wollen.

Diese Anpassungen haben mittlerweile auch andere Unternehmen vollzogen: z. B. hat die Schweizer Großbank UBS entsprechende Programme beendet. Dass auch Konzerne mit Sitz außerhalb der USA sich den neuen Vorgaben unterwerfen, liegt an der Bedeutung des US-Markts. Im Gesundheitsbereich ist die Rolle der USA besonders groß: Roche hat in 2024 über die Hälfte seines Umsatzes im amerikanischen Markt erzielt. Außerdem sind in Nordamerika rund ein Viertel seiner weltweit 101.000 Angestellten beschäftigt. Für Novartis spielt der US-Markt bezüglich des Umsatz und Beschäftigtenanteils eine ähnlich große Rolle. 

Wissenschaft unter Druck: Trumps Einfluss auf Forschung und Industrie

Die Vereinigten Staaten befinden sich in einer Phase des politischen und wirtschaftlichen Umbruchs – mit weitreichenden Konsequenzen für Wissenschaft, Forschung und Industrie. Während renommierte Professoren das Land verlassen, weil sie die akademische Freiheit bedroht sehen, gerät auch der Pharmasektor durch protektionistische Maßnahmen unter Druck. Zwei Entwicklungen, die auf den ersten Blick getrennt erscheinen, haben eine gemeinsame Ursache: Die Politik von Donald Trump verändert das Umfeld für Wissenschaft und Innovation in den USA – und darüber hinaus.

Flucht aus der Wissenschaft: Forscher kehren den USA den Rücken

Jason Stanley, einer der führenden US-amerikanischen Philosophen, verlässt gemeinsam mit den Historikern Timothy Snyder und Marci Shore die Yale University und geht nach Kanada. Der Grund: Der wachsende politische Druck auf Universitäten, insbesondere seitens der Regierung Trumps.

„Eine Universität lebt von freier Rede. Wenn man nicht mehr frei sprechen kann, ist sie keine Universität mehr“, sagt Stanley im Interview mit ZEIT ONLINE. Der Wendepunkt für ihn war das Vorgehen gegen die Columbia University, der die Regierung drohte, Fördergelder zu streichen, falls sie nicht ihre Nahost-Studien überarbeitet. Für Stanley ein klares Signal: Die Trump-Regierung greift gezielt in akademische Strukturen ein – und die Hochschulen beugen sich aus Angst vor finanziellen Konsequenzen.

„Die Übergriffe der Regierung werden zunehmen, und zwar mit System“, warnt er. Kritische Forschung und abweichende Meinungen könnten zunehmend unterdrückt werden, was die wissenschaftliche Integrität gefährde. Besonders betroffen seien junge Akademiker sowie internationale Studierende, die zunehmend Repressionen ausgesetzt seien.

Trumps Protektionismus trifft die Pharmaindustrie

Doch nicht nur die Wissenschaft, auch die Industrie spürt den Druck der Trump-Regierung. Neue protektionistische Maßnahmen sollen die heimische Wirtschaft stärken, bedrohen aber die transatlantische Zusammenarbeit – insbesondere in der pharmazeutischen Industrie.

Arzneimittel gehören zu den bedeutendsten Warengruppen im Handel zwischen der EU und den USA. 2024 importierten die USA pharmazeutische Produkte im Wert von 233 Milliarden US-Dollar, davon rund zwei Drittel aus Europa. Zölle auf Medikamente könnten nicht nur die Versorgung der Patientinnen und Patienten gefährden, sondern auch die Kosten in die Höhe treiben.

Dr. Claus Michelsen, Chefvolkswirt des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa), warnt: „Keinesfalls sollte das ohnehin fragile Umfeld zusätzlich belastet werden. Statt neue Hürden aufzubauen, braucht es klare politische Signale für investitionsfreundliche Rahmenbedingungen.“ Besonders innovationsfreundliche Märkte, Investitionsanreize für Hightech-Produktion und der Abbau von Bürokratie seien entscheidend, um die hohe Investitionsbereitschaft der Branche zu erhalten.

Wissenschafts- und Innovationsstandorte unter Druck

Die Entwicklungen in den USA zeigen eine bedenkliche Tendenz: Politische Einflussnahme und wirtschaftlicher Protektionismus könnten die USA als führenden Standort für Wissenschaft und Innovation schwächen. Während kritische Denker das Land verlassen, ziehen pharmazeutische Unternehmen Investitionen in anderen Regionen in Betracht.

Jason Stanley sieht darin eine gefährliche Entwicklung: „Trump ist ein Faschist, seine Bewegung ist faschistisch. Die Professoren, die früher gezögert haben, diesen Begriff zu benutzen, haben längst aufgegeben.“ Seine Entscheidung, Yale zu verlassen, solle ein Signal setzen: „Ich will, dass die Leute innehalten und fragen: Warum verlässt jemand eine der besten Universitäten der Welt?“

Während in den USA Forscher um ihre akademische Freiheit kämpfen und Unternehmen ihre wirtschaftlichen Perspektiven neu bewerten, stehen auch Europa und Kanada vor der Herausforderung, attraktive Alternativen zu bieten – sowohl für Wissenschaftler als auch für Investoren.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob die USA ihren Innovationsvorsprung halten können oder ob die politische Entwicklung langfristig zu einer Verlagerung von Forschung und Produktion führen wird.

Der massive Eingriff in die US-amerikanische Forschungslandschaft hat nicht nur nationale, sondern auch globale Auswirkungen. Wissenschaft lebt von Vielfalt, Offenheit und internationaler Zusammenarbeit. Die aktuellen Entwicklungen drohen diese Prinzipien zu untergraben und könnten langfristig dazu führen, dass sich das Zentrum der biomedizinischen Innovation aus den USA in andere Teile der Welt verlagert. Europa, Asien und andere forschungsstarke Regionen stehen vor der Herausforderung, entstehende Lücken zu schließen und neue Kooperationsformen zu entwickeln, um den wissenschaftlichen Fortschritt nicht zu gefährden.

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