Klimaziel Gesundheitswesen? Ärzt:innen fordern mehr Nachhaltigkeit


Im aktuellen Ärzt:innen-Barometer zeigt sich: Das Thema Nachhaltigkeit ist in Praxen angekommen. Auch die Pharmaindustrie befasst sich mit dem Thema. 

Auf dem Foto ist aus der Nähe ein Blatt eines Baumes oder Pflanze zu sehen.

Laut dem aktuellen Ärzt:innen-Barometer der Stiftung Gesundheit gewinnt das Thema Nachhaltigkeit im Praxisalltag an Bedeutung. (Foto von CHUTTERSNAP auf Unsplash)

Nachhaltigkeit ist in den Arztpraxen angekommen

Zumindest in der Wahrnehmung der Mediziner:innen. Das zeigt das neue Ärzt:innen-Barometer der Stiftung Gesundheit. Demnach messen viele Ärzt:innen dem Thema eine wachsende Bedeutung bei, sehen jedoch auf Systemebene, also im Zusammenspiel von Industrie, Politik und Versorgung, noch erheblichen Handlungsbedarf.

Besonders im Fokus: der CO₂-Fußabdruck des Gesundheitswesens, der allein in Deutschland bei rund 5,2% der Gesamtemissionen liegt. Zwar geben viele Ärzt:innen an, in ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld auf mehr Nachhaltigkeit zu achten: etwa durch energieeffiziente Geräte oder digitale Prozesse, doch gleichzeitig sehen sie sich strukturellen Hürden gegenüber. So fehlen zum Beispiel verbindliche Standards oder wirtschaftliche Anreize für nachhaltiges Handeln.

Nur rund ein Drittel der befragten Mediziner:innen sieht in der aktuellen Gesundheitspolitik einen echten Willen zur Nachhaltigkeit. Deutlich besser wird hingegen das Bewusstsein bei Patient:innen eingeschätzt. Diese würden heute häufiger nachhaltige Produkte und Prozesse einfordern. Ein Trend, der auch die Zusammenarbeit mit pharmazeutischen Unternehmen beeinflusst.

Pharmaindustrie: Ambitionen da, Transparenz fehlt


Tatsächlich hat sich in der Pharmabranche in den vergangenen Jahren einiges bewegt. Zahlreiche Unternehmen haben sich eigene Nachhaltigkeitsziele gesetzt, veröffentlichen ESG-Berichte, investieren in CO₂-neutrale Produktionsstandorte oder optimieren Verpackungen. Doch nach außen wirkt vieles noch fragmentiert – verbindliche Standards fehlen, und die Bewertung der Fortschritte ist oft uneinheitlich.

Besonders problematisch: Lieferketten. Die Komplexität globaler Produktionsprozesse macht es schwer, den ökologischen Fußabdruck einzelner Produkte nachvollziehbar zu gestalten. Gleichzeitig steht die Branche vor einem Spannungsfeld aus Versorgungssicherheit, regulatorischen Anforderungen und wachsendem öffentlichem Druck, glaubwürdig zu handeln.

Was Ärzt:innen von Pharma erwarten 

Angesichts der Ergebnisse des Ärzt:innen-Barometers wird deutlich: Die Anforderungen an Pharmaunternehmen steigen nicht nur von regulatorischer Seite, sondern auch direkt aus der Versorgungspraxis. Ärzt:innen wünschen sich mehr Transparenz, klare Nachhaltigkeitskennzahlen und echte Dialogangebote.

Konkret könnten Pharmaunternehmen an folgenden Punkten ansetzen:

  1. Produktinformationen ergänzen: z. B. mit Ökobilanzen oder Umweltlabeln auf Fach- und Patienteninformationen.
  2. Verpackungen konsequent optimieren: etwa durch Recyclingmaterialien, kleinere Packungsgrößen oder Refill-Systeme.
  3. Fortbildungen und Materialien anbieten, die nachhaltiges Handeln in Praxen unterstützen (z. B. durch digitale Lösungen, klimafreundliche Fortbildungsformate).
  4. Lieferketten offenlegen: insbesondere bei generischen Wirkstoffen und im Klinikbereich.
  5. Transparente ESG-Berichterstattung: speziell mit Fokus auf die Wirkung pharmazeutischer Produkte in der Versorgung.

 

Nachhaltige Zukunft durch Kooperation 

Die Ergebnisse des Ärzt:innen-Barometers zeigen: Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein Nebenthema. Pharmaunternehmen haben die Möglichkeit, über Produktentwicklung, Kommunikation und strategische Partnerschaften gemeinsam mit Ärzt:innen eine nachhaltigere Versorgung mitzugestalten.

In der aktuellen Situation ergibt sich eine Chance für echte Kooperation: Pharmaunternehmen, die sich strategisch mit Ärzt:innen vernetzen, um nachhaltige Versorgungsmodelle zu entwickeln, können nicht nur regulatorisch, sondern auch reputativ gewinnen.

Dazu braucht es jedoch klare Anreize, offene Plattformen für den Austausch – etwa über Fachgesellschaften oder ärztliche Verbände – und die Bereitschaft, ökologische Ziele genauso ernst zu nehmen wie wirtschaftliche.

Nachhaltigkeit in Gesundheitswesen und Pharma: Zahlen & Fakten

  • 5,2%
 beträgt der Anteil des Gesundheitswesens an den CO₂-Emissionen in Deutschland (Quelle: Lancet Countdown Policy Brief für Deutschland, 2022).
  • Nur 33 %
 der befragten Ärzt:innen halten laut Ärzt:innen-Barometer die Gesundheitspolitik in Deutschland derzeit für nachhaltig.
  • Mehr als 50 %
 der Ärzt:innen berichten, in ihrer Praxis bereits konkrete Maßnahmen zur Nachhaltigkeit umgesetzt zu haben – z. B. durch digitale Prozesse, effiziente Energienutzung oder Mülltrennung.
  • ESG im Fokus:
 Pharmaunternehmen wie Bayer, Boehringer Ingelheim, Novartis oder Sanofi setzen zunehmend auf ESG-Ziele (Environment, Social, Governance) – u. a. durch CO₂-neutrale Produktionsstätten, grünere Verpackungen und eigene Nachhaltigkeitsberichte.

 

Handlungsfelder für Pharma:

  • Klimafreundliche Produktentwicklung
  • Ressourcenschonende Produktion und Lieferketten
  • Transparente Kommunikation gegenüber Ärzt:innen und Patient:innen
  • Unterstützung nachhaltiger Praxisführung
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