
Torsten Christann hat für Sie zusammengefasst, was auf der diesjährigen CES alles so los war. (Foto von Onur Binay auf Unsplash)
Die CES zeigt, was im Bereich Digitalisierung möglich ist.
Liebe Leserinnen und Leser,
die meisten von uns kennen das Gefühl, wenn sie ihre erste Smart-Watch umlegen: ein kleiner, technologischer Zaubertrick am Handgelenk, der uns fitter, gesünder und informierter macht – alleine schon vom Tragen, oder? Doch wer glaubt, dass die Apple Watch das Nonplusultra der digitalen Gesundheitswelt ist, sollte einen Blick auf die CES in Las Vegas werfen. Die weltweit größte Technologiemesse zeigte wie jedes Jahr, was im Bereich Digitalisierung möglich ist. Und 2025 wurde besonders eines deutlich: Im Gesundheitsbereich geht es längst nicht mehr nur um einzelne Gadgets, sondern um ein wachsendes Ökosystem, das riesige Datenmengen produziert.
Doch hier liegt die Herausforderung: Daten alleine heilen niemanden, was man daraus ableitet ist das Entscheidende.
Digital Health auf der CES: Ein Markt der Möglichkeiten
Mit über 141.000 Besuchern, mehr als 4.500 Ausstellern aus über 150 Ländern ist die Consumer Electronics Show nicht nur eine Messe, sondern eine Blaupause für die Zukunft der Technologie. Ob KI, Digital Twins, Wearables oder IoT – digitale Innovationen dringen immer tiefer in das Gesundheitswesen vor, mit einem besonderen Fokus auf „Health at Home“ und die Verlagerung der Versorgung in den Alltag der Menschen.
Beispielsweise präsentierte Withings einen intelligenten Spiegel, der als Gesundheits-Check-Up-Station Vitaldaten misst. Myant stellte mit Skiin Generation 2 ein textiles Wearable vor, das medizinische Parameter wie EKG, Sauerstoffsättigung oder Atmung kontinuierlich überwacht – mit dem Ziel, Herz-Kreislauf-Erkrankungen frühzeitig zu erkennen.
Und dann gibt es noch Lösungen für eine völlig neue Dimension der Gesundheitsüberwachung: Recovery Welltech Solutions Limited stellte ein smartes Schlafsystem vor, das mit einem integrierten Sensor-Layer Schlafmuster analysiert und personalisierte Empfehlungen zur Verbesserung der Schlafqualität gibt. Durch Technologien wie aktive Wirbelsäulenausrichtung und smarte Temperaturregulierung soll der Schlaf auf ein neues Level gebracht werden.
Das Potenzial dieser Technologien ist enorm. Und der Markt wächst rasant: Von 180,2 Mrd. US-Dollar in 2023 soll der globale Digital-Health-Markt bis 2028 auf 549,7 Mrd. anwachsen. KI, Sensorik und Vernetzung sind dabei die treibenden Kräfte.
Doch während die CES-Innovationen absolut begeistern, stellen sich mir doch auch kritische Fragen.
Von der Vision zur Realität: Wie Digital Health in Deutschland ankommt
Einen smarten Spiegel oder eine intelligente Matratze habe ich persönlich in Deutschland in noch keinem Haushalt gesehen. Aber Fitnessarmbänder, Smart-Watches und Gesundheits-Apps? Die sind längst Alltag. Während auf der CES futuristische Technologien für das Gesundheitswesen vorgestellt werden, sind es hier vor allem Apple Watch, Garmin & Co., die digitale Gesundheitsüberwachung in den Mainstream gebracht haben.
Doch Wearables sind längst nicht mehr nur nette Gadgets für Fitness-Enthusiasten. Auch in der medizinischen Anwendung gewinnen digitale Tools an Bedeutung und werden zunehmend für verschiedene Indikationen eingesetzt: Diabetes-Patient:innen profitieren von Apps, die Blutzuckerwerte in Echtzeit überwachen und so helfen, Schwankungen frühzeitig zu erkennen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen lassen sich mit smarten Blutdruckmessern oder EKG-fähigen Smart-Watches besser im Blick behalten. Auch in der Frauengesundheit kommen digitale Helfer zum Einsatz, indem Zyklus-Tracking-Apps hormonelle Schwankungen erfassen und Hinweise auf Erkrankungen wie Endometriose liefern können.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Wearables und Apps können die Prävention stärken, indem sie Nutzer:innen an Bewegung, Flüssigkeitszufuhr oder regelmäßige Messungen erinnern. In der Therapie helfen sie, Krankheitsverläufe kontinuierlich zu überwachen und schneller auf Veränderungen zu reagieren. Für Ärzt:innen bieten sie die Chance, präzisere Diagnosen zu stellen und Behandlungen individueller anzupassen.
Doch so vielversprechend diese Lösungen sind, in der Praxis bleiben viele Fragen offen: Wie werden diese Daten tatsächlich genutzt? Wie werden sie verständlich gemacht? Und führen sie dann wirklich zu besseren Gesundheitsergebnissen?
Die große Frage: Nutzen oder nur technologische Spielerei?
So beeindruckend die CES auch war – am Ende muss eine einfache Frage beantwortet werden: Machen diese Technologien Menschen tatsächlich gesünder?
Die Herausforderungen:
- Datenflut & Wildwuchs: Der Markt ist riesig, aber nicht alles, was digital ist, ist auch medizinisch sinnvoll.
- Evidenz? Viele Apps und Wearables sind nicht wissenschaftlich geprüft – welche haben tatsächlich einen belegbaren Nutzen?
- Ärzte als Datenanalysten? Viele Praxen haben nicht die Zeit oder das Wissen, patientengenerierte Daten sinnvoll in Behandlungen zu integrieren.
- Datenmüdigkeit: Wer täglich unzählige Gesundheitswerte erhält, aber keine klare Handlungsempfehlung bekommt, verliert schnell den Überblick.
- ePA & Integration: Gesundheitsdaten in Deutschland zu bündeln, ist eine Baustelle – die elektronische Patientenakte kommt weiterhin nur schleppend voran.
Die Gefahr, die aus meiner Sicht lauert: Wenn wir nicht aufpassen, schaffen wir eine digitale Gesundheitswelt, die cool und teuer ist – aber keinen echten Mehrwert liefert.
Fazit: Zwischen Hype und echter Veränderung
Die CES 2025 hat gezeigt, wohin sich Digital Health entwickeln kann – aber auch, welche Verantwortung damit einhergeht. Wearables und smarte Gesundheitssysteme können die Versorgung revolutionieren, wenn sie sinnvoll genutzt werden. Entscheidend ist nicht die schiere Menge an Daten, sondern deren Verarbeitung und Umsetzung – für Patient:innen und Ärzt:innen gleichermaßen.
Der technologische Fortschritt ist eine Riesenchance, aber nur, wenn wir ihn richtig nutzen. Es geht nicht darum, dass wir alle mit den coolsten Gadgets herumlaufen, sondern dass echte gesundheitliche Verbesserungen entstehen. Denn sonst wird unser Gesundheitssystem nur cool und teuer – aber niemand wird gesünder.
In diesem Sinne: Ich behalte meine Smart-Watch, aber wenn sie mir das nächste Mal sagt, dass ich zu wenig Schlaf hatte, ignoriere ich sie vielleicht einfach und trinke stattdessen einen starken Kaffee. Bis zum nächsten Mal an dieser Stelle, wenn Sie wollen.
Ihr Torsten Christann

Torsten Christann
Managing Partner Digital Oxygen
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