Ihr Leuchtturm im Studiendickicht. (Foto von Quaid Lagan auf Unsplash)
Der Leuchtturm Friesische Freiheit heißt nicht zufällig so. Ihno Fokken hat im Norden seine Agentur mit dem Namen Friesische Freiheit gegründet, fühlt sich friesisch frei und ist bekannt für seine Direktheit — und seine Healthcare Expertise. Alle zwei Wochen beleuchtet er hier neueste und relevante Studien und Reports und fasst diese für Sie zusammen.
Neueste Ergebnisse Praxisbarometer der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
Um den aktuellen Status rund um die Digitalisierung und andere Themen in den ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen verstehen zu wollen, bietet das Praxisbarometer der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den umfangreichsten Datensatz einer Befragung:
Mit fast 2.500 beteiligten Praxen sind Blicke in Details der einzelnen Subgruppen möglich (hausärztlicher vs. fachärztlicher Bereich, Altersgruppen, Stadt vs. Land).
Hier ein paar Schlaglichter:
- Bei der Frage, welche digitalen Angebote den Patientinnen und Patienten gemacht werden, ist die Videosprechstunde klar vorne über den gesamten Datensatz. Dies wird aber überwiegend getrieben durch die starke Nutzung in der Psychotherapie (74,6% PT vs. 21% Hausärztlich)
- Bei der Frage, nutzen sie digitale Gesundheitsdaten, die die Patienten selber erhoben haben, war ich von den Ergebnissen etwas überrascht: Hausärzte: 49,6% geben an: ja, kommt aber selten vor Fachärzte allgemein: 47,9% nein, solche Daten haben für mich keine Relevanz (bei den FA mit Spezialisierung verschieben sich die Werte etwas: 23,8% sagen, ja, kommt selten vor und nur noch 34% sagen, nein, die Daten haben keine Relevanz)
- Hier wäre ein Einblick in die Ergebnisse der einzelnen Fachgebiete sehr interessant, da z. B. doch Unterschiede in der Diagnostik und Monitoring zwischen der Urologie und der Kardiologie bestehen. Beim hausärztlichen Bereich sieht man dagegen eine grundsätzliche Offenheit
- Bei Videosprechstunden wird der Einsatz neben der Psychotherapie bei chronischen Erkrankungen am geeignetsten empfunden.
Sehr gut auf den Punkt gebracht ist das Dilemma um die IT-Strukturen in der Praxis: die Fehleranfälligkeit im Umgang mit der Telematikinfrastruktur nimmt jedes Jahr zu und damit auch der Unmut über gefühlt unausgegorene Digitalisierungsprojekte in dem Rahmen.
Ein Grund liegt sicherlich in der Doppelbelastung zum einen im Kernberuf Medizin unterwegs zu sein und gleichzeitig selber mit dem Praxispersonal die Verantwortung für die IT-Administration inne zu haben. Also insgesamt wie immer vom Stimmungsbild: positive Aspekte in der Digitalisierung werden gesehen und gelebt, aber die Erfahrungen mit IT- und TI-Strukturen und Lösungen sind negativ geprägt.
Brainwave Digital Health Report 2022
Immer eine Leseempfehlung von meiner Seite: die Digital Health Reports von Brainwave, dem Team von Luisa Wasilewski.
Beim Rückblick auf das letzte Jahr wird schnell deutlich, dass der Boom im VC-Bereich aktuell der Vergangenheit angehört. Auch hat sich die strategische Ausrichtung des Bundesministerium für Gesundheit gewandelt, worauf der Report ausführlicher eingeht.
Sehr komprimiert werden folgende Trends unter die Lupe genommen mit ergänzenden "brainwave insights", die einem bei der Einschätzung der Trends deutlich helfen:
- Digitale Infrastruktur
- Telemedizin
- Gesundheitsmonitoring /-Tracker
- Intelligente Entscheidungshilfen für Ärzt:innen
- Digitale Therapien (DiGA)
- Digitale Therapien (DiPA)
- AR, VR und MR
2023 Global Health Care Outlook von Deloitte
Der Ausblick von Deloitte auf das globale Gesundheitssystem ist untergliedert in fünf Bereiche:
- Virtual health delivery
Telemedizinische Leistungen ergänzen gängige Zugangswege in die Versorgung und bieten auch mehr Möglichkeiten, relevante Gesundheitsdaten zu erfassen.
- Digital transformation
Digitalisierung hat in vielen Bereichen Einzug gehalten und die Verheißungen des Transformationsprozesses werden auch hier wieder hoch gehalten.
- Health equity
Aktuell existieren große Unterschiede in dem Umfang und in der Qualität der Gesundheitsversorgung weltweit. Determinanten wie Einkommen, Geschlecht und Bildung wirken stark und bedingen häufig meinen Zugang zum System.
- Sustainability
Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung und rückt als kostenminimierender Faktor immer häufiger in den Überlegungen auf.
- Workforce
Die gesamt Corona-Pandemie hatte deutlichen Einfluss auf den Alltag von Mitarbeitenden im Gesundheitssystem. Der Bedarf dabei an Menschen wird sich weiter erhöhen, aber kann immer weniger gedeckt werden.
Healthcare in the metaverse - aktueller Status laut Boston Consulting Group (BCG)
Wieder ein guter Artikel zum Thema metaverse & healthcare, diesmal von der Boston Consulting Group (BCG), der aber auch die üblichen blinden Flecke aufweist:
- Positiv:
Die Darstellung unten zeigt komprimiert und korrekt die aktuellen und die in naher Zukunft Felder, in denen AR/VR-Technologie zum Einsatz kommt oder kommen wird. Der Appell sich mit den Technologien vertraut zu machen, ist ebenfalls wichtig.
- Negativ:
Kommen wir zum metaverse selber: das hohe Investment von Meta in ihr metaverse heißt nicht, dass Meta alles richtig macht oder auf das richtige Pferd setzt. Es ist eher das einzige Projekt, mit dem der Facebook-Konzern eine Wette auf einer erfolgreiche Zukunft offen hält.
Alles was bisher aus diesem Projekt an die Öffentlichkeit gekommen ist, hinterlässt eher große Fragezeichen, was sie mit dem Geld machen, als das es Begeisterung auslöst.
Der Verweis auf neue und günstigere AR/VR-Brillen ist richtig, aber klammert aus, dass Hardware nur die eine Seite der Medaille ist. Ohne größere zur Verfügung stehenden Bandbreiten, die technisch z. B. in Deutschland aktuell gar nicht in der Fläche existieren, fehlt die Performance in Anwendungen. Bei aller Euphorie und Potential sollte sich jedes Unternehmen überlegen, wie intensiv die Beschäftigung mit dem metaverse ausfallen sollte.
So sehe ich es persönlich als verfrüht an, ein komplettes Team für das Thema, wie es im Artikel empfohlen wird, aufzustellen. Sinnvoller erscheint es, eher ein Team zu haben, dass sich grundsätzlich mit Zukunftstechnologie beschäftigt und das u.a. auch das metaverse auf der Agenda hat.
AOK-Bundesverband: Umfrage bei Versicherten zur DiGA-Nutzung
Da die Diskussionen sich sehr stark auf den DiGA-Bericht des GKV-Spitzenverbandes eingeschossen haben, kommt nun die Umfrage-Ergebnisse des AOK-Bundesverbandes bei AOK-Versicherten ums Eck.
Dabei wurden knapp 20.800 Versicherte per Post angeschrieben, die in den letzten 12 Monaten eine DiGA freigeschaltet bekommen haben. An der Online-Umfrage haben dann final 2.624 Personen teilgenommen.
Somit beleuchten die Ergebnisse, wie der konkrete Nutzungskontext und -prozess wahrgenommen worden ist.
Was auffällt:
- über 2/3 der Teilnahmen kam von Frauen
- was auf die These einzahlt, dass Frauen stärker in gesundheitliche Themen eingebunden sind und sich damit auseinandersetzen (Stichwort Caregiver)
- digitale affine und mit besserem Gesundheitszustand nutzen DiGAs länger, 1/4 nutzt die DiGA kürzer als empfohlen
- der Großteil (68%) wurden durch die ärztliche Seite auf eine DiGA aufmerksam
- knapp 14% durch das Recherche (8%) / Werbung (6%) im Internet
- bei der Anwendung einer DiGA gibt es kaum und wenn nur kurze Unterstützung von ärztlicher Seite
- 70% sehen einen Vorteil der zeitlichen Flexibilität in der Nutzung der DiGA, aber nur 26% halten sie für unverzichtbar
- Insgesamt nicht komplett neue Erkenntnisse, aber mit ein paar guten Hinweisen, wo noch Optimierungspotential besteht.
Hier geht es zur Pressemitteilung und Kurzbericht.
Zu den anderen Leuchttürmen:
- Infografik zu Gamification
- Studie: Across Health Global Trends Report 2022
- Leuchtturm Friesische Freiheit
Ihno Fokken
Gründer und Geschäftsführer von Friesische Freiheit GmbH
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