Assessment-Verfahren: der Schlüssel zur besseren Personal- und Organisationsentwicklung?


Immer häufiger setzen HR-Verantwortliche auf Assessment-Verfahren. Diese werden allerdings oft fälschlicherweise als Bewertung der eigenen Person missverstanden. 

In jedem Fall ist ein Assessment nützlich, um das Verständnis zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung zu vertiefen oder zumindest sichtbar zu machen. (Foto von ThisisEngineering RAEng auf Unsplash)

Haberlands Impulse – Zum Thema Assessment-Verfahren

Bei der Besetzung von Führungspositionen, der Personalentwicklung, der Identifikation von High-Potentials oder auch in der Organisationsentwicklung – immer häufiger setzen HR-Verantwortliche auf Assessment-Verfahren. Diese werden allerdings oft fälschlicherweise als Bewertung der eigenen Person missverstanden, was bei einigen Menschen eine gewisse Abneigung hervorruft. Sie befürchten, dahinter stecke eine Arte Psychoanalyse.

Was sind gute Assessments?

Moderne Assessments bieten jedoch weit mehr als eine einfache Gut-Schlecht-Bewertung. Sie liefern vielmehr eine Einschätzung der individuellen Fähigkeiten und Verhaltensweisen im beruflichen Kontext sowie der Selbst- und Fremdwahrnehmung. Diese Verfahren existieren in vielfältigen Ausprägungen, von oberflächlichen Ansätzen, die eher an Horoskope erinnern und tagesformabhängig sein können, bis hin zu wissenschaftlich fundierten, psychologisch validen Methoden.

Gute Assessments erfordern, dass sich Arbeitgeber im Vorfeld genauso viele Gedanken machen wie die Personen, die ein Assessment durchlaufen. Denn ihr Zweck ist es, den Unternehmen dabei zu helfen, die am besten geeignete Person an die richtige Stelle zu setzen. Dies erfordert eine klare Beschreibung der Position seitens des Arbeitgebers (einschließlich der Stakeholder, die damit interagieren) sowie eine klare Definition davon, welche Art von Persönlichkeit nach dem Wertesystem des Unternehmens als die passendste erachtet wird.

Assessments kommen in verschiedenen Szenarien zum Einsatz:

  • Bewerbungsauswahl: um die Eignung von Bewerbern für eine Position zu bewerten. Das kann in Form von schriftlichen Tests, Interviews, praktischen Übungen oder Persönlichkeitstests erfolgen.
  • Leistungsbewertung: zur Identifikation von Stärken und Schwächen der Mitarbeitenden. Daraus lassen sich Entwicklungsbedürfnisse ableiten.
  • Entwicklung und Schulung: Um Lernbedürfnisse zu identifizieren und Schulungsprogramme zu gestalten, die dazu beitragen, die Mitarbeiterkompetenzen und -fähigkeiten zu verbessern.
  • Teamzusammenarbeit: zur Bewertung der Teamdynamik und der Zusammenarbeit innerhalb eines Teams. Dies kann helfen, Konflikte zu lösen und insgesamt die Teamleistung zu steigern. In der Organisations- und Teamentwicklung werden Assessments ebenfalls genutzt, um diejenigen Personen als Team einzusetzen, die gemeinsam den größten Erfolg erzielen und auf der richtigen Position ihr volles Potenzial entfalten können.
  • Führungskräfteentwicklung: zur Bewertung von Führungskräften hinsichtlich ihrer Führungsqualitäten, Kommunikations- sowie strategischen Denkfähigkeiten. Damit lassen sich Entwicklungsbereiche identifizieren sowie mögliche Maßnahmen planen. Außerdem ist ein objektiverer Vergleich zwischen internen und externen Kandidat:innen möglich.
  • Karriereplanung: um Mitarbeitenden dabei zu helfen, ihre beruflichen Ziele zu klären und einen Karriereplan zu entwickeln, der ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht.
  • Kulturelle Passform: um sicherzustellen, dass neue Mitarbeiter:innen zur Unternehmenskultur passen. Damit lassen sich Konflikte und eine hohe Fluktuation vermeiden.
  • Nachfolgeplanung: zur Identifizierung von potenziellen Nachfolgern für Schlüsselpositionen im Unternehmen. Das ist wichtig, um sicherzustellen, dass ein Unternehmen über die richtigen Talente verfügt, um zukünftige Herausforderungen anzugehen.

 

Ähnlich wie bei Mitarbeiterbefragungen sind regelmäßige und kohärente Assessments entscheidend für die Personal- und Organisationsentwicklung. Dabei gilt es zu beachten, dass die gleichen Verfahren stets bei allen wichtigen Leistungsträgern Anwendung finden.

Bei einer Einladung zu einem Assessment ist es zunächst ratsam, sich über die Art, den Zweck sowie den Kontext zu informieren. Innerhalb des Assessment-Verfahrens sollte man schlicht authentisch sein – und es tunlichst vermeiden, einzelne Fragen zu hinterfragen, da dies zu ungenauen Ergebnissen führen kann.

Assessment als Coaching-Prozess

Ein Assessment kann eine Chance zur Selbstreflexion und Standortbestimmung darstellen. Es ist wichtig, man selbst zu bleiben: Das hilft allen am meisten, um ein klares Bild davon zu erhalten, ob und inwiefern eine Person zu einer bestimmten Position im Unternehmen passt. Oft erfährt man jedoch nicht, welche spezifischen Profile, Werte und Fähigkeiten der Arbeitgeber am meisten schätzt.

Es ist ratsam, im Vorfeld des Assessments zu klären, ob die Auswertung besprochen wird. Ein gutes Assessment beinhaltet immer ein Feedback-Gespräch, sowohl mit dem Arbeitgeber als auch mit der getesteten Person. Selbstverständlich kann man auch eigenständig die gängigsten Assessment-Verfahren auf eigene Kosten durchlaufen und sich im Anschluss erklären lassen. Allerdings fehlt in diesem Fall der konkrete Bezug zu einer bestimmten Position.

In jedem Fall ist ein Assessment nützlich, um das Verständnis zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung zu vertiefen oder zumindest sichtbar zu machen. Am Ende ist ein Assessment jedoch selbst eine Einschätzung, die auf den Informationen aus diesem Verfahren basiert. Es ist wichtig zu betonen, dass die eigene Persönlichkeit nicht das Ergebnis des Assessments ist, wie zu Beginn erwähnt. Ein Assessment ähnelt eher einem Coaching-Prozess als einer passiven Beobachtung.

 

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Patrick Haberland

Managing Partner, European Life Sciences Practice DHR Global

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