Programmatic Advertising: Übersichtlich erklärt


Was ist Programmatic Advertising? Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Programmatic Advertising ist eine Echtzeit-Auktion in einem Bruchteil einer Sekunde. (Foto von Tânia Mousinho auf Unsplash)

 

Beantwortet und erklärt von Tim A. Bohlen, geschäftsführender Gesellschafter MINDACT Consulting & Content GmbH

 

1.     Programmatic Advertising — kann man das, was es ist, in drei Sätzen zusammenfassen?

Der Begriff „Programmatic Advertising“ beschreibt den automatisierten, digitalen Ein- und Verkauf von Online-Werbeplätzen in verschiedenen Formaten, bspw. Display- oder Video-Anzeigen.

Das Besondere daran ist, dass sich die Nutzerdaten festlegen lassen, sodass Werbung effizient und passend zur Zielgruppe ausgespielt und durch das Ermitteln von Echtzeit-Daten auch direkt optimiert werden kann. Andere Begriffe dafür sind „Smarte Werbeanzeigen“ oder auch Real-Time-Advertising (RTA).

2.     Was ist Programmatic Advertising genau: „Nur“ ein Algorithmus oder ein wenig mehr?

Programmatic Advertising ist nicht nur ein Algorithmus. Es ist ein komplexes System, welches mithilfe von programmatischen Softwarelösungen, also einer Mischung aus verschiedenen Technologien und Prozessen, die optimale Performance und Reichweite einer Online-Kampagne angepasst an das Budget erzielt. Durch das Auslesen der jeweiligen Cookies kann dann die Zielgruppe und das Targeting für die Anzeige genau definiert und optimiert werden.

Teile des Programmatic Advertising Vorgangs sind u.a. die Supply-Side-Plattform (SSP) und die Demand-Side-Plattform (DSP) über welche die Verkäufe mithilfe von Real-Time-Bidding-Systeme (RTB) in einer Echtzeit-Auktion abgewickelt werden. Für die Verarbeitung von Nutzerdaten werden dabei Data Management Platforms (DMPs) eingesetzt.

3. Wie funktioniert es — also verständlich für Laien?

Gehen wir den Prozess einmal im Detail durch. Bevor das Programmatic Advertising starten kann, müssen Nutzerdaten wie bspw. Alter, Geschlecht und Interessen auf den Webseiten gesammelt werden. Das passiert durch Tracking-Cookies. Danach werden diese Daten in einer Data Management Plattform (DMP) gesichert und die Zielgruppen mithilfe von Analysen definiert.

Ausgelöst wird der Programmatic Advertising Prozess, sobald ein Nutzer eine Webseite mit freier Werbefläche, welche über dieses System verkauft wird, öffnet. Diese Webseite ist mit einer Supply-Side-Plattform (SSP) verknüpft, welche diese „Anfrage“ nach Werbung erhält.

Diese „Anfrage“ wird mit Informationen u.a. zu Mindestpreis und Zielgruppe an die Demand-Side-Plattform (DSP) weitergegeben. Hier bieten Unternehmen dann für diesen Werbeplatz. Das Unternehmen, welches Werbung platzieren möchte, entscheidet schon im Voraus, also bei Start der Kampagne, welche Werbeflächen interessant sind und wie jeweils das Maximalgebot aussehen soll. Zusätzlich lassen sich hier Zielgruppen festlegen und selektieren. Während der Kampagne sammelt das Programmatic Advertising Daten und optimiert die Zielgruppen, Plattformen oder Gebote voll automatisch, um die beste Perfomance zu bieten.

In der Auktion um die Werbefläche erhält der Meistbietende den Zuschlag und dessen Werbung wird platziert. Dabei gilt das Prinzip der „2nd-Price Auction“. Man zahlt also nur einen Cent mehr als das zweithöchste Gebot.

Dieser ganze Prozess findet automatisiert und in den Millisekunden der Ladezeit einer Webseite, also in Echtzeit statt.

4. Wodurch oder warum ist Programmatic Advertising entstanden?

Ursprünglich stammt die Technologie des Programmatic Advertising aus den USA. Hier gibt es die Methode zum automatischen Einkauf von Online-Werbeflächen schon seit Ende der 1990er-Jahre und orientiert sich am vollautomatischen Börsenhandel. Unternehmen wie Yahoo und MSN machten hier den Anfang. Zu dieser Zeit sprach man allerdings noch vom Real Time Bidding. Den Startschuss des Programmatic Advertising setzte Google 2007/2008 mit der Übernahme von DoubleClick.

Im deutschsprachigen Raum hat das Programmatic Advertising erst in den letzten zehn Jahren an Präsenz gewonnen und gewinnt seitdem immer mehr an Bedeutung. Dabei entstanden im Laufe der Zeit spezialisierte Dienstleister, welche im Auftrag der Werbetreibenden die Programmatic Advertising Lösungen planen und umsetzten.

Ziel war und ist, den Prozess des Anzeigenkaufs und -verkaufs effizienter zu gestalten. Vor Einführung des Programmatic Advertising schlossen Werbetreibende direkte Verträge mit dem jeweiligen Verlag über die Werbefläche ab. Dazu gehörte oft eine zeitaufwendige Abstimmung über die Konditionen und die passende Zielgruppe. Dabei war es schwierig, den Erfolg der Kampagne und die Auswirkung der Werbung auf die Zielgruppe abgestimmt zu messen und zu analysieren. Beides wird durch die Automatisierung und die verschiedenen Technologien im Programmatic Advertising effizienter gestaltet und der Prozess von Online-Kampagnen-Erstellung optimiert.

5. Was sind die Vorteile?

Ein großer Vorteil ist die Effizienz. Programmatic Advertising bietet ein gut funktionierendes und sehr kleinteilig definierbares Targeting, wodurch sich die Werbemaßnahmen sehr genau auf die Zielgruppe ausrichten lassen. Das minimiert den Streuverlust und spart so unnötige Kampagnenkosten ein.

Im Programmatic Advertising stehen zahlreiche verschiedene Werbeflächen sämtlicher Publisher zur Verfügung, welche den Vorteil einer großen Reichweite bieten. Und das sowohl national als auch international. Und dabei erspart es einem noch Zeit, da das manuelle Buchen und somit auch die Einzelanalyse und die Preisverhandlung wegfällt. Somit bietet sich die Möglichkeit, Werbekampagnen auf verschiedensten Kanälen und Geräten auszuspielen.

Die bessere Verarbeitung und Analyse der Nutzerdaten trägt zu einer schnelleren Optimierung der Werbekampagnen und Zielgruppen bei. Diese Echtzeit-Optimierung sorgt für eine effektivere Nutzung des Werbebudgets und eine höhere Sichtbarkeit der Werbeanzeige.

6. Und was die Nachteile?

Ein für viele Unternehmen relevanter Nachteil ist das hohe Mindestbudget.

Auch wenn sich durch die dauerhafte Optimierung und genaue Eingrenzung der Kampagne die Kosten während der Kampagne senken lassen, ist der Start mit einem höheren Budget verbunden, da der Algorithmus erst mit der Zeit schlauer und effektiver wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Abgabe der Kontrolle. Man lässt den Algorithmus allein entscheiden, auf welchen Websites und unter welchen Beiträgen die Werbung ausgespielt wird. Daraus entsteht die Gefahr einer Brand-Safety-Problematik. Diese beschreibt das Auftauchen der Werbung an Stellen in unangenehmen Kontext bspw. bei negativen News-Artikeln oder auch bei illegalen Inhalten. Ziemlich präsent war hier im letzten Jahr die Werbung von McDonalds, welche auf YouTube unter anderem im Zusammenhang mit Fake-News ausgespielt wurde.

7. Geht Online-Schaltung noch oder auch ohne Programmatic Advertising?

Natürlich geht Online-Werbung noch ohne Programmatic Advertising. Allerdings lohnt es sich, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aktuell werden bereits 50% der Online-Werbeflächen mithilfe von Programmatic Advertising vergeben. Und dieser Anteil wird in Zukunft noch weiter ansteigen.

8. Was ist die größte Kritik am Programmatic Advertising?

Wirkliche Kritik gibt es beim Programmatic Advertising nicht. Hauptsächlich werden hier die positiven Aspekte hervorgehoben. Da der Prozess des Programmatic Advertising die lästige Arbeit des Angebots anfragen und verhandeln abnimmt, bietet es sogar mehr Zeit, sich in kreativen Prozessen zu entfalten und Werbung zu gestalten. Die wenigen Nachteile lassen sich dabei eher als Hinweis verstehen.

 

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Tim A. Bohlen

geschäftsführender Gesellschafter MINDACT Consulting & Content GmbH

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